Texas. Alleine dieses Wort löst bei meinem Mann einen verklärten Blick und ein sehnsüchtiges “Wann fahren wir wieder nach Texas…?” aus.
Ich hatte dabei eher unklare Vorstellungen von Öl, Cowboys und Steaks. Die einzige Person aus meinem Bekanntenkreis, die schon mal in Texas war, meinte, Texas sei groß, so groß, dass man erst dann wirklich verstünde, wie riesig die USA sind. Das trifft es. Auf der Website des Bundesstaates Texas heißt es ja auch: „It`s like another whole country“.
Houston
Als Startpunkt unserer Rundreise wählten wir Houston, weil Houston einen internationalen Flughafen hat und relativ zentral für die Route lag, die wir uns überlegt haben. Schon bei der Planung fiel uns auf, dass wir wohl lange am Steuer sitzen würden. “Wie weit ist Houston vom Big Bend Nationalpark?” – “Äh. 610 Meilen.” – “Nicht Kilometer?” – “Hmmm.”
Von Houston wussten wir bei unserer Ankunft nicht viel und das ist immer noch so. Das liegt daran, dass wir übermüdet nach einem langen Flug und Zwischenstopp in Detroit angekommen sind und erst bei Dunkelheit im Hotel ankamen. Ein Gewitter und ein starker Regen zogen auf und wir waren froh, dass wir irgendwann ins Bett gefallen sind. Am nächsten Morgen wurde uns bewusst, dass “Gewitter und Regen” die Untertreibung des Jahres war:
- An der Rezeption waren dieselben Personen wie am späten Abend bei unserer Ankunft.
- Auf unseren Handys waren zahlreiche SMS mit “National Alerts”, also Warnungen des Katastrophenschutzes.
- Ein Blick aus dem Fenster löste bei mir die verwirrte Frage aus: “Schatz, ist das Hotel an einem Fluss? Wie sind wir hierhin gekommen?”
- Im Frühstücksfernsehen wurde der Katastrophenzustand ausgerufen.
Unser Hotel war zum Glück auf einer kleinen Anhöhe und wurde zu einer Insel. Die im Hotel gestrandeten Angestellten erklärten uns, dass man im Moment weder zum Hotel noch aus dem Hotel raus könne. Also verbrachten wir einen außerordentlich entspannten Tag im Bett, lasen und guckten fern. Die geplante Besichtigung von Houston fiel ins Wasser. Dafür erfuhren wir, dass Houston in einem Bayou liegt (flaches Sumpfgebiet) und das Wasser schlecht abfließen kann, weil eben in einer Großstadt viele Flächen zubetoniert sind.
Die Wettermeldungen sagten, dass an der Küste heftige Regenfälle fielen. Wir stornierten daraufhin die 3 Tage, die wir am Strand in der Nähe von Galveston zu Erholungszwecken geplant hatten. Dafür entschlossen wir uns, stattdessen nach Norden zu fahren und Dallas und Fort Worth zu besichtigen.
Über Dallas und Fort Worth in den Big Bend National Park
Dallas
Dallas ist ein Finanz- und Ölzentrum, also keine Großstadt, die typischerweise Touristen anzieht. Es ist aber auch der Ort, an dem wohl einer der bekanntesten Politiker des 20. Jahrhunderts, John F. Kennedy, ermordet wurde. Der Ort, an dem am 22. November 1963 die Schüsse fielen, ist heute eine Gedenkstätte. In dem Gebäude, von dem aus der Attentäter schoss, ist ein wirklich sehenswertes Museum untergebracht (The Sixth Floor Museum at Dealey Plaza).
Fort Worth
Fort Worth hingehen ist ein quirliger Ort, in dem amerikanische Touristen feiern und die Atmosphäre längst vergangener Cowboyzeiten und Viehtriebe aufleben lassen. In Fort Worth wird täglich eine Tradition hochgehalten, und zwar der berühmte Trieb der Longhorn-Rinder durch die Innenstadt. Die Rinder tragen ihren Namen zu Recht, deren Hörner können eine Spannweite von bis zu 2 Metern erreichen. Mit einer Kamera um den Hals hält man dann doch respektvollen Abstand.
Big Bend National Park
Der Big Bend Nationalpark liegt am Rio Grande, der teilweise eine natürliche Grenze zu Mexiko bildet. Die Ausmaße des Nationalparks sind, wie alles andere in Texas auch, gewaltig. Übernachtet hatten wir in Alpine, einem kleinen beschaulichen Städtchen mit rund 5.000 Einwohnern, rund 60 Meilen von Mexiko entfernt (was uns zu dem Zeitpunkt nicht wirklich klar war).
An unserem ersten Abend dachten wir uns, dass wir mal kurz in den Nationalpark reinfahren und uns umschauen könnten. Auf dem Weg dahin, also in Richtung Süden/Mexiko, passierten wir eine Polizeistation. Auf dem Weg zurück wurden wir angehalten und kontrolliert. Drei düster ausschauende Beamte mit dunklen Sonnenbrillen, die Hände an den Waffen und Hunden neben sich nahmen unsere Personalausweise mit und erklärten uns, dass sie uns theoretisch festnehmen könnten, weil wir unsere Reisepässe (nebst Visum-Stempel) im Hotelsafe zurückgelassen haben. Wir seien im “Grenzgebiet”, dessen Umfang sie bis zu 100 Meilen vor der eigentlichen Grenze festlegen dürfen. Wir kamen uns vor wie in einem falschen Film und verfluchten in Gedanken unseren Reiseführer und alle Informationsquellen zu Texas, die dazu geschwiegen haben. In aller Demut und Bescheidenheit versprachen wir, ab jetzt immer unsere Reisepässe bei uns zu führen und durften weiterfahren.
Zwei weitere Übernachtungen verbrachten wir direkt im Big Bend, einer inmitten der Wildnis liegenden Hütte. Man hätte einen traumhaften Sternenhimmel beobachten können, wenn ich keine panische Angst vor den gigantischen Motten (Nachtfaltern) entwickelt hätte, die bei Dunkelheit zum Angriff übergingen.
Vom Big Bend National Park nach Hill Country
Bandera
Die Rückfahrt führte uns in Richtung Hill Country, dem für uns schönsten Teil von Texas. Es ist eine wunderschöne Hügellandschaft mit charmanten Städtchen, von denen viele deutschen Ursprung haben und an deutschen Traditionen festhalten.
Höhepunkt unserer Reise sollte ein kleiner Ranchurlaub auf der West 1077 Guest Ranch in Bandera sein. Reiten, relaxen und kleine Touren machen. Und da wurde uns nicht zu viel versprochen: Bandera – „Cowboy Capital of the World“. Zumindest behauptest das die Stadt von sich. Nun, dass wir vielleicht mit dem ein oder anderen Klischee aufräumen müssen, war glaube ich auch meinem Mann klar, der wohl am meisten davon enttäuscht war, dass nicht jeder hier in Cowboyhut und Boots herumgelaufen ist (doch – in Stiefeln eigentlich schon). Auch in München laufen schließlich nicht alle in Janker und Dirndl rum, richtig?
Die Ranch wird von einem deutschen Ehepaar geführt, Iris und Ralph. Die beiden haben ein wunderschönes Anwesen mit perfekten grünen Rasenflächen, liebevoll eingerichteten Holzhütten, einem Pool und Reitstall direkt auf ihrem Gelände. Dass die beiden erstklassig kochen können, sollte nicht unerwähnt bleiben. Mein Mann gab keine Ruhe, bis er von Iris das Rezept für ihren Hackbraten bekommen hat (dazu später und an anderer Stelle mehr). Es war einfach unbeschreiblich erholsam, kein Massentourismus, sondern das Gefühl, wirklich willkommen zu sein.
San Antonio
Von Bandera aus machten wir 2 Touren nach nach San Antonio, die für uns schönste Stadt in Texas mit dem Riverwalk, dem Alamo und den Missions. Die meisten Missions entstanden in einer Zeit, als Texas noch zum Königreich Spanien gehörte. Heute bilden sie zusammen mit dem Alamo ein Unesco-Weltkulturerbe.
Wir besichtigten die San José Mission (was für ein Kontrast – vor dem Alamo lassen sich Bräute mit ihren Brautjungfern fotografieren und in der San José Mission fand eine Beerdigung statt…).
Austin
Zu guter Letzt soll auch Austin als Hauptstadt von Texas erwähnt werden. Leider waren wir hier nur 2 Tage. Austin gilt als die amerikanische Hauptstadt der Livemusik (leider konnten wir hiervon nicht viel geniessen). Im State Capitol durfte man sich völlig frei bewegen und die eindrucksvolle Decke aus allen Stellungen heraus fotografieren. Wir müssen glaube ich nicht extra erwähnen, dass das Texas State Capitol sechs Meter höher als das Kapitol in Washington, D.C ist, oder ? ^^ Everything is bigger in Texas!
Von Austin aus ging es leider zurück in Richtung Houston, von wo wir unsere Heimreise antraten. Ach ja, und San Marcos ist das größte Outlet, das wir jemals gesehen haben (und wir lassen Outlets nie aus ^^). Ein kleiner Wermutstropfen, um die Heimreise zu versüssen.
Zuletzt aktualisiert am 17. Mai 2019 von Christian
Hey, da bekomme ich ja direkt ebenfalls den verklärten “Wann geht’s wieder nach Texas?” Blick. Austin haben wir leider noch nie besucht (beim 3. mal dann bestimmt 😀). Wir kennen euch Texas mit dem Camper sehr empfehlen: Tolle Campsites in der Natur oder direkt am Strand, total liebe Gastgeber. Traumhafte Bilder auf jeden Fall in eurem Reisebericht! Liebe Grüße Jenni